Das Milina-Projekt

Klappkarte front

Es war im Winter 2006 als ein unbekannter Mann bei Herbert Narr anrief und ihm mitteilte, er sei Ingenieur und habe da eine Idee. Als er den Bau der U-Bahn in der Hauptstadt von Algerien besuchte, sei ihm viel Sympathie für „deutsche Gründlichkeit“ entgegengebracht worden.

Ein Lehrer aus einer kleinen Stadt habe ihn angesprochen, der seinen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben wollte, ihren Horizont zu erweitern. Der Ingenieur hieß Herr Sören Schumann Der Fremdsprachenlehrer war Abdelouahab Bouyahiaoui von der Mohamed Ghalemi Schule (Secondary School) in der Stadt Boudonaou, 35 km östlich von Algier.Beide zusammen initiierten das „Milina-Projekt“, ohne zu wissen wie es realisierbar sein könnte.

Am Anfang stand der Traum eines jungen 22-Jährigen algerischen Rekruten, der während seiner Militärdienstzeit eine Novelle über Milina schrieb. Milina ist eine erfundene Stadt in Algerien, in der junge Menschen zur Schule gehen und lernen. Sie erwerben grundlegende Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen. Aber auch Musik, Sport und Kunst kommen nicht zu kurz. Neben dem Verständnis für die eigene Kultur wird in ihnen auch die Neugier auf fremde Kulturen geweckt. Andere Sprachen lernen die Jugendlichen auch durch die Begegnung mit konkreten Menschen aus anderen Ländern.

Aus diesem Traum entstand das Milina-Projekt, welches von Arbeit und Leben Bayern in Kooperation mit der „Sozialistischen Jugend Deutschlands - Die Falken“ Ortsverband Hof und Bezirk Franken. Zwischen den Jahren 2007 und 2010 fanden neun Begegnungen junger Menschen und vorbereitende Fachkräfteaustauschmaßnahmen statt. Das Besondere an dem Projekt liegt daran, dass nicht eine Organisation, sondern ursprünglich eine Privatinitiative von zwei Menschen (Abdelouahab Bouyahiaoui und Sören Schumann) die Grundlage für die Jugendbegegnungen bildete. Dies fand auch große Beachtung in den algerischen Medien.

Nach längerer Vorbereitung waren im Juli 2007 drei junge Frauen und zwei Begleitpersonen für fünf Tage in Hof. Darüber berichtete die Frankenpost unter der Schlagzeile „Junge Damen aus Algerien in Hof“, Frankenpost 19. Juli 2007.

Im August 2007 waren drei Fachkräfte der Jugendarbeit für fünf Tage zu Besuch in Hof.

Vom 24. bis 28. Oktober 2007 waren fünf Jugendliche und zwei Begleiter aus Hof für fünf Tage in Boudanaou in Algerien. Die Leitung der Gruppe hatte Anja Stollberg. Darüber gibt es einen Pressebericht in französischer Sprache und die Frankenpost berichtete am 5. November 2007 über „Hofer im algerischen Fernsehen“

Vom 16. bis 21. März 2008 waren wieder drei Fachkräfte aus Algerien zu Besuch in Hof. Darüber berichtete die Frankenpost am 14. April 2008 unter der Überschrift „Afrikaner backen Brezeln in Krötenbruck“.

Für M´hamed Boutha, der selbst als Bäcker tätig ist, war ein Besuch bei Bäckerei Schirner in Krötenbruck sehr beeindruckend, der von der Stadträtin Heidemarie Schwärzel arrangiert worden war.

100 2592Von links nach rechts M´hamed Boutha, Herbert Narr (Hofer Falken), Zohir Aoudache, Herbert Schmid (Arbeit und Leben Bayern), Sören Schumann (Mitinitiator des Milina-Projekts), Abdelouahab Bouyahiaoui (Initiator der Jugendbegegnung)

Aus den ersten Begegnung ergab sich dann am 2. Mai 2008 auch ein Informationsabend in Hof unter dem Motto „Algerien. Das unbekannte Land am Mittelmeer“. Darüber veröffentlichte die Frankenpost am 26. Mai 2008 einen Pressebericht „Kampf der Kulturen in Neuhof“. David Döbereiner berichtete von der Losung des Befreiungskampfes der AIgerier gegen die Kolonialmacht Frankreich: "Der Islam ist meine Religion, das Arabische meine Sprache und Algerien mein Vaterland“, dass diese Redewendung schon seit Jahrzehnten reine Fiktion sei. In den fünfziger und sechziger Jahren, also zur Zeit des Algerienkrieges, waren schon 40 Prozent der Bevölkerung Berber. Heute stellen sie ein Dritte! der Bewohner des Landes und somit die größte nichtarabische Minderheit - sie halten an vorislamischen Ritualen fest.

Vom 24. bis 28. November 2008 waren vier Fachkräfte in Algerien. Neu war, dass Adelouahab eine Assoziation nach algerischem Recht gegründet hatte. Die 15 Gründungsmitglieder mussten bei der Polizei gemeldet werden. Neun davon bildeten ein “bureau“, eine Art Vorstand. Diese „Associations culturelle de échange et de l’oisir“ sollte als künftiger Partner für die Jugendbegegnungen ARBEIT UND LEBEN und den Falken dienen. Als Vereinszweck wurde genannt: Kultur-Austausch, Spracherwerb, Tourismus.

Über diese Veranstaltung gibt es einen Pressebericht in französischer Sprache mit einem Bild.

Neben einem Gespräch an der Universität waren die Besichtigung des Weltkulturerbes von Tipisa und der Besuch im Museum „Bastion 23“ angesagt. „Ikosium“ lautete der ursprünglich phönizische Name für Algier, auf Deutsch etwa „Insel der Vögel.“ Die spätere arabische Bezeichnung für die Insel war „El-Djazair Béni Mezghana“. Auch eine Erkundung der Altstadt „Casba“ gehörte zum touristischen Teil des Programms.

Vom 8. Bis 15. Juli 2009 weilten zum wiederholten Male Jugendliche aus der Stadt Boudanaou im Rahmen des „MILINA PROJECTS“ in Hof.

Die Besucher bekamen Einblicke in die verschiedenen Alltagsbereiche wie Arbeit, Politik oder Sozialwesen. Durch Begegnungen sollte das Trennende, vor allem aber das Gemeinsame, einer eher christlich und einer vornehmlich islamisch geprägten Kultur besser erkannt und gegenüber gestellt werden. Dabei haben die Teilnehmenden die Lebensumstände in beiden Ländern verglichen, Vorurteile kritisch überprüft und dadurch dazu beigetragen, diese abzubauen. In einer Zeit lange vor dem „Arabischen Frühling“ ab Dezember 2010 sollte das Projekt bereits der arabischen und muslimischen Welt gegenüber herrschenden Berührungsängsten entgegenwirken.

Sören Schumann, der für die ersten Kontakte sorgte, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Gäste aus Algier nicht nur in Hof zu betreuen, sondern auch auf den anschließenden Informationsreisen, welche unter Anderem nach Weimar und Nürnberg führten.

Über das umfangreiche Programm mit Besuchen im Fichtelgebirge gibt es einen Bericht in der Frankenpost vom 25. Juli 2009 „Junge Algerier festigen ihre Kontakte in Hof“.

Datei als Illustration Bild „Pfahl“ im Fernwehpark

DSC 0216Bild im Falkenturm Garten in Nürnberg

Delegationsleiter Abdelouahab Bouyahiaoui von “Cultural Association of Exchange and Leisure „Miliana””

Zu Vorbereitung weiterer Begegnungen fuhr Judith Schöffel vom 31. Oktober bis 5. November 2009 wieder nach Algerien. Ein Pressebericht in französischer Sprache mit deutscher Übersetzung ist uns erhalten geblieben, ebenso die Einladungen für fünf Personen in der Originalsprache.

Vom 7. bis 14. Juli 2010 waren zum letzten Mal Jugendliche aus Algerien in Franken. Dazu gibt es einen Pressebericht „Jugendliche aus Algerien im Landtag“ Auf dem Bild sehen wir die Gruppe mit Ministerpräsident Horst Seehofer und der Landtagsabgeordneten Annette Karl sowie den bayerischen Begleitpersonen Judith Schöffel und Martina Kroher.

Der bislang letzte Besuch in Algerien fand vom 30. Oktober bis 5. November 2010 statt. Damals waren die Bezirksvorsitzende Katja Diedler und die Tochter von Nürnbergs Oberbürgermeister Uli Maly, Anna Maly mit dabei.

Der Gegenbesuch begann in der Wüstenoase Ghadaia, dem Zentrum der Mozabiten. Dort entdeckten die jungen Menschen das verborgene Leben der strenggläubigen Berbergemeinschaft. Gemeinsam mit einem einheimischen Guide konnten sie in das Innere der verborgenen Altstadt vordringen und wurden in die Geheimnisse der Wasserversorgung in der Wüste eingeweiht.

Leider konnten die wechselseitigen Besuche nach 2010 nicht mehr fortgeführt werden, weil die Finanzierung der Maßnahme nicht mehr gewährleistet werden konnte. Die üblichen öffentlichen Zuschüsse reichten nicht und spendable Spender wie Sören Schumann waren weggefallen.